Neue Anforderungen an Netzbetreiber und Anlagenbetreiber
Durch den weiteren Zubau von dezentralen Erzeugungsanlagen und dem Rückbau von Großkraftwerken werden mittelfristig rund 90 Prozent der Erzeugungsanlagen in den Verteilnetzen angeschlossen sein. Darauf hat der Gesetzgeber reagiert und zum 1. Oktober 2021 das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) novelliert. Insbesondere der Redispatchprozess und das Einspeisemanagement (EISMAN) sind von dieser Novellierung betroffen – beide Prozesse werden zum neuen Redispatchprozess (Redispatch 2.0) zusammengeführt.
Derzeit werden Redispatch-Maßnahmen ausschließlich von den Übertragungsnetzbetreibern durchgeführt. Sie können konventionelle Erzeugungsanlagen mit mehr als 10 Megawatt (MW) installierter Nennleistung regeln, um Netzengpässe zu vermeiden. Zukünftig sind die Aufgaben des Redispatchs 2.0 zusätzlich bei den Verteilnetzbetreibern angesiedelt.
Die Netzbetreiber können dann dezentrale Erzeugungsanlagen mit erneuerbaren Energien regeln, sofern vorherige Maßnahmen nicht ausreichen oder kurzfristige Eingriffe erforderlich sein sollten. Dieser Eingriff ist allerdings lediglich als letztes Mittel zur Sicherung der Netzstabilität vorgesehen. Der Prozess ist durch das sogenannte Einspeisemanagement geregelt.
Redispatch 2.0 macht Verteilnetzbetreiber (VNB) zu einer tragenden Säule des Engpassmanagements in den deutschen Stromnetzen. VNB müssen zukünftig vorausschauend Netzengpässe erkennen und daraufhin geeignete Maßnahmen unter Einhaltung der Netz- und Versorgungssicherheit ermitteln, abstimmen und umsetzen. Dazu ist es erforderlich, dass sie ihre Netze bzgl. der zu erwartenden Belastung modellieren sowie Netzzustände prognostizieren. Zur Engpassbeseitigung müssen die Netzbetreiber dann ebenfalls alle Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen), Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen) und Speicher ab 100 kW einbeziehen.
Mit der Absenkung der Leistungsgrenze auf 100kW und der Einbeziehung von EE- und KWK-Anlagen ergeben sich für die Betreiber dieser Erzeugungsanlagen zusätzliche Pflichten und Aufgaben.
Die Bundesnetzagentur hat am 01. April die Prozesse sowie die Datenformate zur Kommunikation der Netzbetreiber untereinander sowie zwischen Netzbetreibern und Anlagenbetreibern festgelegt.
Die Stadtwerke Warburg GmbH hat sich dazu entschieden, die Kommunikation über den DataProvider connect+ durchzuführen.
Connect+ ist eine Initiative von vier Übertragungsnetzbetreibern und 17 Verteilnetzbetreibern welche das Ziel verfolgt, eine Plattform zu schaffen, mit der ein sicherer und effizienter Datenaustausch im Rahmen der Anforderungen des Redispatchs 2.0 gewährleistet werden kann.
FAQ’s zum Redispatch 2.0
Die Stadtwerke Warburg bereitet derzeit ein umfassendes Dienstleistungspaket vor, welches alle Anforderungen des Redispatchs 2.0 für Verteilnetzbetreiber beinhaltet und dabei hilft, diese erfolgreich umzusetzen. Derzeit planen wir ein „All-inclusive-Paket“ anzubieten, welches von der Prognose bis zur Abrechnung der Ausfallarbeit alle Bestandteile des Redispatchs 2.0 abdecken wird. Darüber hinaus können einzelne Module in Anspruch genommen werden, wenn Sie einige Prozesse selbst umsetzen möchten.
An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass die Anforderungen des NABEG grundsätzlich jeden Netzbetreiber betreffen, selbst wenn keine Einspeiseanlagen im Netz vorhanden sind.
Connect+ ist ein deutschlandweiter Zusammenschluss von Verteil- und Übertragungsnetzbetreibern. Dessen Ziel ist es, den flächendeckenden und einheitlichen Datenaustausch zwischen Netzen und Betreibern von Stromerzeugungsanlagen – zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Minimierung von Netzengpässen – sicherzustellen.
Im Fokus steht die gesetzliche Verpflichtung der Netzbetreiber zur Koordination effizienter Redispatch-Maßnahmen.
Weitere Information finden Sie hier: Connect+
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) unterstützt die Vorbereitung und Umsetzung des Redispatch 2.0 mit der „Branchenlösung Redispatch 2.0“ sowie Anwendungshilfen zu den Themen Daten, Bilanzierung und Abrechnung.
Des Weiteren wird der Leitfaden zum Einspeisemanagement (Version 3.0) von der BNetzA nach den Maßgaben des Redispatch 2.0 überarbeitet.
Die veränderten Rahmenbedingungen für den Redispatch stellen für alle Netzbetreiber eine Herausforderung dar. Für den notwendigen Datenaustausch sind neue Schnittstellen und Prozesse mit anderen Netzbetreibern und Anlagenbetreibern erforderlich. Deshalb arbeitet die Stadtwerke Warburg am Netzbetreiberprojekt Connect+ mit das ein effizientes, sicheres und möglichst anwenderfreundliches Tool für den Redispatch-Datenaustausch entwickeln soll.
Die betroffenen Anlagenbetreiber werden zum gegebenen Zeitpunkt über die Lieferung der Stammdaten informiert.
Doch wie läuft das ab? An den vorgelagerten Netzbetreiber melden wir zukünftig Redispatch-Potenziale auf Basis einer Netzzustandsanalyse, die alle 15 Minuten der zukünftigen 36 Stunden berechnet wird. Mit hinein spielen Daten aus dem vor- und nachgelagerten Netz genauso wie Erzeugungs- und Lastprognosen sowie Fahrpläne der Erzeuger, die ihre Anlagen selbst regeln. Sollte es zu einem Engpass kommen, wird die Einspeisung reduziert. Die Abregelung der Anlagen erfolgt ferngesteuert über unsere Netzleitstelle oder als Anforderung über einen Fahrplan an den Anlagenbetreiber. Finanziell müssen alle Betreiber so gestellt werden, als hätte es den Eingriff nicht gegeben. Jeder Netzbetreiber muss einen eigenen Redispatch-Bilanzkreis führen. Die abzuregelnde Energie kauft die Stadtwerke Warburg im Vorfeld ein. Über den Bilanzkreis wird die gekaufte Energie an den Einspeiser übertragen, so ändert sich für ihn nichts.
Durch die Gesetzesnovellierung wird festgelegt, dass zukünftig auf sämtliche Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung von elektrischer Energie mit einer Nennleistung ab 100 Kilowatt sowie sonstige schaltbare Anlagen zurückgegriffen werden kann, um absehbare Engpässe im Stromnetz zu vermeiden. Bislang lag die Leistungsgrenze bei 10 MW. Dadurch bekommen die Verteilnetzbetreiber eine zusätzliche Rolle. Für die Stadtwerke Warburg bedeutet das, dass wir zukünftig mit rund 45 Anlagen am Redispatch teilnehmen. Unsere Aufgabe verändert sich weg von Notfallmaßnahmen hin zur Ermittlung und Behebung von Engpässen auf Basis von Prognosen. Für die Engpassbehebung ist eine intensive Abstimmung zwischen den Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern notwendig.
Das derzeit praktizierte Einspeisemanagement (EISMAN) gemäß § 14 Abs. 1 EEG wird durch den Redisptach 2.0 abgelöst.
Die Grundsätze der Einspeisemanagement-Maßnahmen für EEG – und KWK-Anlagen sind bisher in dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) und in dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) beschrieben. Diese werden mit dem Inkrafttreten von Redispatch 2.0 in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) integriert.
Mit dem weiterentwickelten Redispatch 2.0-Prozess sollen die Gesamtkosten aus dem konventionellen Redispatch und dem Einspeisemanagement optimiert und damit die Netzentgelte gesenkt werden.
Durch den Redispatch werden Engpässe bei der Übertragung von Strom im Höchstspannungsnetz der Übertragungsnetzbetreiber ausgeglichen. Dazu wird die Stromerzeugung konventioneller Erzeugungsanlagen vorübergehend angepasst bzw. heruntergeregelt. Diese Maßnahmen können mit der Reduzierung oder der Erhöhung von Leistung einhergehen. Mit dieser Vorgehensweise wird gleichzeitig der Energiebedarf gedeckt und die Versorgungssicherheit aufrechterhalten.
Derzeit erfolgt der Redispatch durch Regelung konventioneller Kraftwerke mit einer Leistung über 10 MW. Verteilnetzbetreiber führen lediglich die Schaltanweisungen der Übertragungsnetzbetreiber aus.